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(eine Geschichte von Claudia Frayna)

Es war einmal in einem Königreich, dessen Bekanntheit weit über die Mauern der Nachbarreiche hinausreichte.

Das prunkvolle Schloss, das in der Mitte des Königreiches lag, wachte hoch oben über dem großen Platz mit seinen hohen, edlen Türmen. Die blau-weißen Fahnen wehten weit droben über der Burg.

Im Inneren dieses Prachtbaus gab es Räume so groß und prunkvoll wie in einem Heilinstitut, Kronen, die in Hosen fielen und Fangzähne, die rein und frei von Schmutz waren.

Vor dem Schloss am großen Marktplatz tollte sich das Volk und bot ihre Waren an.

Im Turm wachten Kimsanft und Berndhard über das Schloss und hielten Ausschau nach Gefahren und wachten über das ehrwürdige Haus. Von der alten Dame, die an diesem Morgen in Richtung des Schlosses unterwegs war, schien keine Gefahr auszugehen, so dachten sie zumindest.

Ruhhilde, eine alte Hexe betrat zum ersten mal das große Königreich und erfreute sich an den Lichtern, womit der große Hauptplatz geschmückt war, als sie sich umsah. Mit ihrem Korb war sie durch den Park gegangen, den man erst vor kurzem für seine Bürger angelegt hatte und gut gelaunt und voll des Mutes hatte sie dabei ein Lied gepfiffen, bevor sie in dieses Lichtermeer eingetreten war.

Es dämmerte schon und sie sah sich nach der Burg um, diese stand im goldenen Glanze, wie eine Festung vor dem großen Platz. Auch sie war fasziniert von diesem Anblick.

Die Bürger standen vor dem großen Haupteingang Schlange, damit sie mit ihren Anliegen zu ihren Königinnen kommen konnten. Diese boten gerne ihre Hilfe an.

Daher strömten Unmengen davon jeden Tag durch das Schloss, wobei sie jedes mal von Maja von der Wense, Tanja, der Ehrlichen und Angelika, der Stillen am Portal herzlich empfangen wurden.

Schließlich gab es sehr viel zu entdecken in diesen hellen, hohen Räumen. Besonders bestaunten sie den hellen, glatten, prunkvollen Boden, der erst seit kurzer Zeit hier weilte und die Menschen fast durch die Räume schweben ließ.

Auch Ruhhilde wurde von dem Dreigestirn begrüßt. Sie war aus einem ganz besonderen Grund hier und sie war froh, als man sie endlich einließ um zu der höchsten der Königinnen vorgelassen zu werden. Sigrid, die Eine.

Sie knickste vor ihr nieder und trat auf sie zu. Ein ganz kostbares Geschenk sollte sie von der alten Hexe bekommen.

Sie holte einen Apfel aus ihrem Korb und überreichte in ihr feierlich. Sigrid bedankte sich lächelnd für das Geschenk und biss auch gleich hinein.

Im nächsten Augenblick wurde ihr ganz schummrig. Sie griff sich an den Kopf und langsam sank sie ohnmächtig zu Boden und blieb dort liegen. Die alte Hexe lächelte und holte ihren Zauberstab aus dem Korb. In einem Strudel verschwanden die beiden. Einen Augenblick später war es, als wäre nie jemand in diesem Raum gewesen.

Das Strahlen des Königreiches hatte sich verflüchtigt. Eine Trauer lag in der Luft, die man deutlich spürte. Die höchste aller Königinnen war verschollen und man hatte keine Ahnung wo sie abgeblieben war. Seit diese alte Frau bei ihr im Zimmer gewesen war, war sie unauffindbar.

Es war bitterkalt geworden, die Zeit rückte bald auf Weihnachten zu und man beratschlagte was man tun konnte. Monika, eine der Königinnen inspizierte den Apfel, das einzig Seltsame das man in dem Schlosszimmer gefunden hatte.

Dieses grässliche Weib hat sie sicher in ihr Hexenreich entführt“, rief Marina, eine weitere der Königinnen.

Dann sollten wir dorthin gehen und sie suchen“, sagte Tobias, der edle Ritter, mit breiter Brust und zu allem bereit.

Etwas anderes wird uns nicht übrig bleiben“, sagte Brigitte, die Gesprächige.

Dann sollten wir Vorbereitungen treffen“, rief Maja von der Wense aus. Sie nahm sofort die Vorbereitungen in Angriff und flitzte durch das Schloss.

So war es also beschlossene Sache, dass man zum nächsten Morgengrauen aufbrechen würde.

Samantha, die Lockige, Vanessa, die Temperamentvolle, Aleyna, die Schüchterne und Kathi, die Kleine wurden dazu auserkoren, sich um die Kutschen zu kümmern und die Pferde zu striegeln.

Marina, die Sorgsame und Nadja, die Helfende, sowie Brigitte, die Gesprächige würden sich um die Verpflegung kümmern.

Schließlich wollte man sein Wohl gut versorgt wissen, wenn man sich in solche Gefahren brachte. Es war ein weiter und beschwerlicher Weg und vor allem lagen so viele Gefahren darin. Man dachte nur an den verwunschenen Wald und das Königreich der Zwerge, die oft und unvorhersehbar launisch waren.

Darum beschlossen sie auch Waffen mitzunehmen. Da es in ihrem Königreich seit Jahrhunderten friedlich zuging hatte man nicht viel an Waffen vorzuweisen.

Kitt, die Quirlige hatte die Idee Spaten, Hebel und Zangen einzupacken und diese Idee wurde von allen sehr begrüßt. Daher wurde sie mit Zehra, der Fröhlichen, Claudia, der Schreibenden und Elif, der Hilfsbereiten beauftragt sich darum zu kümmern, diese zu schärfen und einzupacken.

Maja von der Wense überlegte noch was noch zu erledigen wäre, als Achim, der Humorvolle hereingestürmt kam und beschloss, diese Gruppe anzuführen. Rasch durchsuchte er die Bibliothek nach einer Landkarte über das Königreich und ihre Nachbarn und traf mit Tobias dem edlen Ritter weitere Vorbereitungen.

Am nächsten Morgen stärkten sich alle noch einmal, dann besetzte man die Kutschen. Der edle Ritter Tobias übernahm die Zügel der ersten Kutsche. Achim, der Humorvolle, die der zweiten.

Die Königinnen winkten ihnen noch zum Abschied zu und versprachen Gold und Silber für alle, wenn sie nur ihre Hochkönigin wiederbrachten.

Die prachtvollen Schimmel jagten durch das Land. Man kam am Hungerturm vorbei, wo man die Gefallenen und Unrechtschaffenen einsperrte und preschte weiter durch den herrlichen Park, den auch Ruhhilde vor nicht allzu langer Zeit durchstriffen hatte.

Es herrschte Unruhe, denn jeder dachte an den vermaledeiten Wald, der noch vor ihnen lag. Man erzählte sich, dort spucke es und keiner war erpicht darauf, sich dort in den Dunklen Ecken aufzuhalten. Trotzdem war es der einzige Weg. Mut und Hoffnung ließen sie weiterfahren und der Gedanke an ihre Königin.

Kitt, die Quirlige zückte als Erste mutig ihren Hebel, den sie in Ihren Händen hielt, als sie den Anfang des Waldes erreichten. Die Anderen taten es ihr nach.

Einen Moment zögerten die Gefährten und preschten dann mit Kühnheit hinein. Die Geschichten immer vor Augen, die sie von den Menschen gehört hatten. Manche hatte man nie wieder gesehen, als sie den Wald betreten hatten.

Ein Zwerg war einmal hineingeraten und nur mit Glück hatte er fliehen können. Wachsam sahen sie sich um. Nebel hatte sich um die Bäume gelegt, der undurchdringbar schien. Die Bäume waren mit Spinnweben überzogen und bald war ihnen klar, warum dieser Wald solch einen Ruf hatte.

Plötzlich bremste die erste Kutsche abrupt ab, es warf sie nach vorne und allesamt krachten sie auf den Kutschenboden. Als sie wieder auf die Beine kamen und hinaussahen, kam ihnen ein Geschöpf entgegen. Eigentlich ein liebliches Wesen, das irgendetwas suchte. Maja von der Wense stieg an Bernhard und Kimsanfts Seite zögerlich aus und zusammen ging sie auf das Mädchen zu.

Sucht ihr etwas?“, fragte Kimsanft und starrte verwundert auf das Geschöpf.

Es war noch ein Kind, hatte eine rote Kappe auf und sah ganz und gar nicht gefährlich aus. Das Mädchen antwortete nicht, stattdessen schien sich ihr Gesicht zu verändern. Ihre Größe wuchs in die Höhe und ihre Haut bekam verdammtes pelziges Fell. Berndhard drängte Maja und Kimsanft zurück und gemeinsam rannten sie zur Kutsche zurück.

Los“, schrie Berndhard und Tobias, der edle Ritter schwang die Zügel und beide Kutschten preschten von Dannen.

Bald waren sie an dem Mädchen vorbei, das sich gerade in einen Werwolf verwandelte. Ein markerschütterndes Heulen, begleitete sie. Automatisch wurden sie schneller und das Heulen zu ihren großen Glück immer leiser.

Erleichtert atmeten alle auf und sahen erneut wachsam hinaus.

Der gewundene Weg nahm kein Ende und jeder wartete hoffend auf das Ende der Bäume. Damit kamen sie zwar ins Königreich der Zwerge, aber mit denen würden sie schon fertig werden.

Plötzlich stoppte überraschend die Fahrt. Der Weg endete mit einem riesengroßen Baum, der dort lag und den sie nicht wegbekamen, so sehr sie sich auch Mühe gaben.

Dann eben zu Fuß weiter“, rief Zehra, die Fröhliche entschlossen aus und hob ihre Zange fester in den Händen. Ihre Entschlossenheit steckte sie alle an und somit bildete man eine Linie und sie setzten die Reise auf ihren Beinen fort.

Erleichtert stellten sie bald fest, dass sich die Bäume lichteten und zögerlich betraten sie das Reich der Zwerge.

Wohin jetzt?“, fragte Marina, die Sorgsame in die Runde. Man wollte es nicht zugeben, aber sie hatten sich wohl verlaufen. Orientierungslos ging man nach links und hoffte, dass man sich nicht weiter verirrte.

Nach einigen Minuten kamen sie an einem kleinen und heimeligen Haus an. Es kam Rauch aus dem Kamin und es brannte Licht.

Vielleicht wissen sie den Weg?“, fragte Brigitte, die Gesprächige und machte sich sogleich auf den Weg zu der kleinen Tür. Die Anderen folgten ihr in einem beträchtlichen Abstand.

Sie atmete tief durch und klopfte mit bangen Herzen an die Tür. Diese öffnete sich sogleich und ein kleiner, dick-bärtiger Mann kam zum Vorschein.

Entschuldigt die Störung, mein kleiner Herr.“

Was gibt´s? Ich muss gleich wieder zu Bett. Schneewittchen wartet auf mich. Heute ist Freitag, also mein Tag.“

Das kann ich verstehen. Aber könntet ihr mir sagen, wo es ins Hexenland geht.“

Immer geradeaus. Dann könnt ihr es nicht versäumen.“ Mit seiner kleinen, fetten Hand deutete er den Weg entlang.

Danke, mein Herr“, sagte Brigitte und ging zu den Anderen zurück, während er auch schon die Tür zuwarf.

Somit machten sie sich auf den Weg und merkten, dass der Zwerg sie nicht betrogen hatte. Ohne weitere Vorkommnisse kamen sie im Hexenland an und gingen direkt auf das Hexenhäuschen zu, indem sie ihre Königin vermuteten.

Mit erhobenen Hebeln und Zangen und jeder Menge Mut rissen sie die Tür auf und als erstes kam ihnen ein kleiner, aber niedlicher Hund entgegen, der sie mit wedelnden Schwanz beschnupperte und fröhlich bellte. Aus dem hinteren Teil des Hauses kam Gelächter und als sie weiter vordrangen, trauten sie fast ihren Augen nicht.

Sigrid, die Eine saß in einem gemütlichen Sessel vor dem Kamin, in eine Decke gehüllt, hielt eine Tasse mit einem Heißgetränk in der Hand und unterhielt sich fröhlich mit Ruhhilde.

Schön euch zu sehen“, rief sie ihnen zu, als sie in den kleinen, dunklen Raum kamen.

Bestürzung war in den Gesichtern der Gefährten zu sehen, als man sie so vergnügt vorfand. Sie hatten mit einem Kampf gerechnet, oder sogar schlimmeres und nun so etwas.

Ihr Waffen senkten sich schlagartig und ein entspanntes Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

Ruhhilde hat mich daran erinnert, dass es Zeit für mich ist, kürzer zu treten. Ich werde eine Weile hier bleiben und die Freuden des Ruhestands genießen.“

Wir werden euch vermissen“, riefen die Gefährten im Chor und Sigrid, die Eine war sehr berührt.

Wir werden uns wiedersehen. Nun stärkt euch, bevor ihr die weite Rückreise antretet“, rief die alte Hexe aus. „Leider gibt es nur noch Entenbraten, die Rinder sind uns letzte Woche davongelaufen, aber er ist sicher genauso gut.“

Also saßen sie alle in gemütlicher Runde und aßen von dem leckeren Braten und tranken von den kostbaren Getränken, die es nur im Hexenland gab. Man ruhte sich aus und als sie alle am nächsten Morgen zu den Kutschen gingen, die das Hexenvolk ihnen überlassen hatten, gab ihnen Sigrid, den goldenen Zahn. Das Zepter ihres Königreiches sollten die beiden jungen Königinnen bekommen und somit über ihr Königreich regieren. Achim, der Humorvolle würde bei seiner Gefährtin bleiben und winkte ihnen zum Abschied zu.

Ohne besondere Vorkommnisse fuhren sie am späten Nachmittag in ihr Königreich ein. Jubel brandete auf, als Tobias der edle Ritter den Goldzahn, dem Volk präsentierte und auf dem Hauptplatz den Königinnen mit einem Knicks übergab.

Maja von der Wense erzählte von ihrer abenteuerlichen Reise und welche Überraschung auf sie gewartet hatte.

Bereitet Rinderbraten zu“, rief Monika aus. „Lasst die Weinfässer bringen“, rief Marina. „Und öffnet die Schatzkammer.“

Das Land feierte ganze drei Tage lang, ihre neuen Königinnen und ihre ehemalige Hochkönigin, die nun ein ruhiges Leben haben würde, abseits aller Verpflichtungen.

Es wurde gelacht und getanzt und das solange, dass das Volk danach hundemüde war und glücklich in ihre Betten kroch. Die neuen Herrscherinnen verkündeten eine ganze freie Woche für jeden.

Als jeder in seinem Bett lag, einige wenige noch auf dem Weg dorthin waren, legte sich ein merkwürdiges Strahlen über das Königreich und verlieh den Bewohnern, den früheren Glanz und das Glück mit dem sie gesegnet waren. Und so lebten sie glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.